3. Problem die gekreuzten Mordmerkmale

Autorin: Yvonne Mannsfeld (Rechtsanwältin)

Ein Klassikerproblem sind die gekreuzten Mordmerkmale. Diese Problematik liegt vor, wenn Täter und Teilnehmer unterschiedliche Mordmerkmale der 1. oder 3. Gruppe verwirklichen.

a) Die ständige Rechtsprechung vertritt, dass es sich bei § 211 StGB und § 212 StGB um zwei unabhängige, abschließende Normen handelt. Daher sind nach dieser Auffassung die Mordmerkmale täterbezogene strafbegründende persönliche Merkmale. Folglich ist der § 28 I StGB anzuwenden, der eine Strafrahmenverschiebung vorsieht. Er eröffnet insoweit eine Milderungsmöglichkeit gem. § 49 I StGB iSe Akzessorietätslockerung, von der in einem solchen Fall lediglich kein Gebrauch gemacht werden solle. Dafür spreche die Systematik des Gesetzes und die Parallele zum § 249 StGB und § 242 StGB. Zudem spricht der Wortlaut des § 212 I StGB davon, „ohne Mörder zu sein“.

Gegen die Ansicht spricht, dass sie einerseits einen Anstifter mit Mordmerkmalen unbillig begünstigt, sofern der Täter kein eigenes hat, anderseits einen Anstifter ohne eigenes Mordmerkmal wegen Anstiftung zum Mord verurteilt. Die Mordmerkmale weisen jedoch zumindest auch einen an der konkreten Person orientierten Schuldbezug auf, der eine entsprechende Berücksichtigung finden muss.

b) Die herrschende Lehre geht davon aus, dass es sich bei dem § 211 StGB um eine Qualifikation des § 212 StGB handelt. Die Mordmerkmale wären folglich nur strafschärfende persönliche Merkmale, sodass der § 28 II StGB anzuwenden ist. Täter und Teilnehmer sind nach den jeweils für sie vorliegenden strafschärfenden Merkmalen zu bestrafen.

c) Vor allem die h.L. führt zu überzeugenderen Ergebnissen. Sie wird dem jeweils verwirklichten Unrecht am ehesten gerecht, da sich bei Anwendung des § 28 II StGB die Lage des Teilnehmers im Vergleich zum Täter zwar verschlechtern, aber auch verbessern kann. Dies zeigt folgende Übersicht:

Schaubild 3 Strafrecht Allgemeiner Teil

*Bei objektiven Mordmerkmalen der 2. Gruppe ist natürlich eine strenge Akzessorietät gegeben, da es sich um objektive Merkmale der Tatausführung und nicht um persönliche Merkmale handelt.