Autorin: Yvonne Mannsfeld (Rechtsanwältin)

Handelt der Vordermann aufgrund eines Verbotsirrtums, ist die Tatherrschaft des Hintermanns davon abhängig, ob der Vordermann einem vermeidbaren oder unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlag. Bei einem vermeidbaren Verbotsirrtum könnte es an dem erforderlichen Defekt gem. § 17 S. 2 StGB fehlen.

(Katzenkönig-) Fall:
Der H erzählt dem V von einem Katzenkönig und bringt ihn dazu zu glauben, dass der Katzenkönig die Menschheit auslöschen werde, wenn er diesem keine Menschenopfer bringe. Weiter macht H den V glaubend, dass nur O als Opfer geeignet sei. Der O war ein unliebsamer Nebenbuhler des H. Der V bringt den O, in dem Glauben Millionen andere zu retten, um (sehr verkürzt dargestellt).

(Den ausführlichen Katzenkönig-Fall, kannst Du hier nachlesen: Katzenkönig-Fall)

In solchen Fällen ist es fraglich, ob der Hintermann dennoch eine Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens hat, obwohl es an einem Defekt des Vordermanns fehlt.

a) Lehre vom Verantwortungsprinzip

Die Lehre vom Verantwortungsprinzip lehnt eine Tatherrschaft des Hintermanns ab, da der Vordermann frei verantwortlich handelte. Sie geht davon aus, dass von mehreren an einer Straftat Beteiligten nur einer Tatherrschaft innehaben könne.

Gegen diese Ansicht spricht, dass sowohl bei der Mittäterschaft als auch bei einer mittelbaren Täterschaft innerhalb eines organisierten Machtapparats, wie oben gesehen, mehrere Tatbeteiligte die Tatherrschaft innehaben können. Die Frage der Vermeidbarkeit ist allein eine Frage der Schuld und nicht die der Strafbarkeit des Hintermanns. In diesen Fällen liegt das Problem vielmehr darin, dass der Vordermann im Zeitpunkt der Tatbegehung einem Irrtum unterlag und er sich im Einklang mit der Rechtsordnung agieren sah. Hinsichtlich der Tatherrschaft kann demnach der vermeidbare Verbotsirrtum nicht allein zur Ablehnung der Tatherrschaft führen.

b) Rechtsprechung

Der BGH sieht dies ähnlich. Es sei nicht maßgeblich, welche Kenntnisse der Vordermann hätte haben können, sondern welche er tatsächlich hatte. Nur diese tatsächlich vorhandene Kenntnis bzw. Unkenntnis kann tatherrschaftsbegründend wirken. Demnach ist der Hintermann – trotz voller strafrechtlicher Verantwortung des Vordermanns – als mittelbarer Täter gem. § 25 I 2. Alt. StGB zu betrachten, sofern er kraft überlegenen Wissens eine beherrschende Rolle einnahm. Es ist folglich die Tatherrschaft im konkreten Einzelfall anhand des Grades der Beeinflussung durch den Hintermann auf die Entstehung und des weiteren Bestehens des Irrtums bei dem Vordermann zu ermitteln.

c) Folge - Problem: beide unterliegen demselben Fehler

In Fällen, in denen auch der Hintermann dem vermeidbaren Irrtum unterliegt, möchte eine Ansicht den Tatherrschaftswillen ablehnen. Immerhin kann der Hintermann keinen Irrtum ausnutzen, wenn er ihm selbst unterliegt. Der BGH nimmt hingegen eine Tatherrschaft aufgrund der Vermeidbarkeit des Irrtums an, gem. § 17 S. 2 StGB. Beides ist gut vertretbar.