Trennung einer Hypothek und einer Forderung bei gutgläubigem Erwerb - §§ 1153, 1138 BGB

Überblick

Können im Falle des gutgläubigen Erwerbs eine Hypothek und eine Forderung getrennt werden, sodass sie verschiedenen Personen zustehen? Diese Fragestellung betrifft sowohl Fälle, in denen eine forderungslose Hypothek besteht als auch solche, in denen Forderung und dingliches Recht nicht dem Eingetragenen zustehen.

Die Auffassungen und ihre Argumente

1. Ansicht - Einheitstheorie

Eine Trennung von Hypothek und Forderung darf nicht stattfinden. So erwirbt der Gutgläubige vom Scheinhypothekar kraft seines guten Glaubens neben der gesicherten Forderung auch die Hypothek. 1

Argumente für diese Ansicht

Schutz vor doppelter Inanspruchnahme

Die Durchbrechung des Systems des Sachenrechts stellt eine Notwendigkeit dar, weil sie den Eigentümerschuldner vor einer doppelten Inanspruchnahme schützt. Sein Interesse daran, nicht sowohl die persönliche Forderung als auch die Zwangsvollstreckung aus der Hypothek dulden zu müssen, ist dem System des Sachenrechts vorrangig. Es würde sonst die Verdoppelung eines Rechts vorliegen. Im Übrigen hat der Inanspruchgenommene das Auseinanderfallen von Rechtsschein und Rechtslage nicht veranlasst. Er war am Abtretungsgeschäft nicht beteiligt, sodass er schutzbedürftig ist.

§ 1153 BGB stellt eine Interessenwertung dar

Sinn und Zweck der Regelung des § 1153 BGB ist die Verhinderung einer Doppelbelastung des Eigentümers. Damit hat der Gesetzgeber eine Interessenbewertung getroffen, die berücksichtigt werden muss.

Bei Trennung hätte Hypothek keinen Wert mehr

Der Eigentümer muss die gesicherte Forderung nur gegen Rückgewähr der Hypothek erfüllen. Würde die Hypothek beim bisherigen Hypothekar verbleiben, die persönliche Forderung aber bei einem anderen liegen, hätte die Hypothek für den Hypothekar keinen Wert mehr. Damit ist es aus Gründen der Rechtsklarheit geboten, die Forderung der Hypothek folgen zu lassen.

2. Ansicht - Trennungstheorie

Tritt der Scheinhypothekar die hypothetisch gesicherte Forderung an einen gutgläubigen Dritten ab, so erwirbt dieser kraft seines guten Glaubens die Hypothek, nicht aber die Forderung. Diese steht dem als Hypothekar im Grundbuch Eingetragenen zu. Somit liegt eine Durchbrechung des Grundsatzes des Trennungsverbotes von Hypothek und Forderung vor.2

Argumente für diese Ansicht

Trennung der Hypothek und Forderung als Folge der gesetzlichen Regelung

Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass zwar der gutgläubige Erwerb einer Forderung ausgeschlossen, der gutgläubige Erwerb einer Hypothek aber wiederum zugelassen ist. Somit stellt die Trennung der beiden nur eine Folge der gesetzlichen Regelung dar.

Forderungsentkleidete Hypothek ist Grundschuld

Gem. § 1138 BGB wird beim gutgläubigen Erwerb einer Verkehrshypothek das Bestehen der Forderung fingiert, um das Akzessorietätsdogma aufrechtzuerhalten. Die forderungsentkleidete Hypothek, die der Erwerber nach §§ 1138, 1192 BGB erhält, ist im Wesentlichen eine Grundschuld. Diese wiederum kann von der gesicherten Forderung getrennt werden.

Doppelzahlung muss hingenommen werden bzw. ist vermeidbar

Immer dann, wenn die Hypothekenforderung durch Aufrechnung oder Zahlung erloschen ist, aber die damit zur Eigentümergrundschuld gewordene Forderung noch vom als Hypothekar im Grundbuch als Gläubiger Eingetragenen gem. §§ 1138, 892 BGB wirksam an einen Gutgläubigen abgetreten wurde, entsteht die Doppelzahlungsgefahr. Dies kann aber kein Anlass sein, eine systemwidrige Lösung zu verfolgen. Insbesondere kann das Grundschuldrecht für die Verhinderung der doppelten Inanspruchnahme herangezogen werden. Der Forderungsschuldner kann die Leistung verweigern, weil der persönliche Gläubiger nicht mehr in der Lage ist, die forderungslose Hypothek an den Forderungsschuldner zurückzugewähren. Eine bereits getätigte Leistung kann nach § 813 I BGB zurückgefordert werden.

Abhängigkeit vom Zufall

Praktisch hängt es oft vom Zufall ab, ob eine Forderung kurz vor oder kurz nach ihrer Abtretung getilgt wird. Für die Schutzwürdigkeit des Erwerbers sollte es keinen Unterschied machen, ob dieser vor Abtretung auf die tatsächlich nicht bestehende hypothekarisch gesicherte Forderung zahlt und dann als redlicher Erwerber einer forderungsentkleideten Hypothek seinen Anspruch aus § 1147 BGB gleichermaßen gegenüber dem Eigentümer durchsetzen kann oder ob die Tilgung der Forderung erst kurz nach der Abtretung vorgenommen wird.

  • 1. Jauernig/Berger, BGB, 19. Auflage 2023, § 1153 Rn. 1; Erman/Wenzel, BGB, 17. Auflage 2023, § 1153 Rn. 3; Körper, JuS 1989, 33 (35).
  • 2. Kollhosser/Pohlmann, JA 1991, 1 (4); MüKoBGB/Lieder, 9. Auflage 2023, § 1153, Rn. 14 ff; Lieder/Selentin, JuS 2017, 1052.

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