Gesetzliches Pfandrecht des Werkunternehmers, wenn dem Besteller die Sache nicht gehört?
Überblick
Wird das gesetzliche Pfandrecht auch dann vom Werkunternehmer erworben, wenn die von ihm reparierte Sache dem Besteller nicht gehört, der Eigentümer aber den Besteller ermächtigt hatte, die erforderliche Reparatur ausführen zu lassen?
Die Auffassungen und ihre Argumente
1. Ansicht - Weite Ermächtigungstheorie
An einer dem Besteller fremden Sache erwirbt der Werkunternehmer ein gesetzliches Pfandrecht gemäß § 647 BGB in Analogie zu §§ 185 I, 183 BGB, wenn der Eigentümer den Besteller ermächtigt hat, die Sache zur Reparatur zu geben. Damit liegt eine Zustimmung des Eigentümers zur Vornahme von Reparaturen zumindest in langfristigen Besitzübertragungen vor. 1
Argumente für diese Ansicht
Besserstellung des Eigentümers
Würde der Eigentümer, der in den Abschluss eines Werkvertrages durch den Besteller eingewilligt hat, sich nicht dem gesetzlichen Pfandrecht ausgesetzt sehen, würde er besserstehen, als wenn er den Werkvertrag selbst abgeschlossen hätte. Dies wäre unbillig, denn dann könnte jeder durch Einschaltung eines von ihm befugten Dritten die Folgen des § 647 BGB umgehen und dadurch seine Sachen pfandfrei reparieren lassen.
Sachübergabe hat Verfügungscharakter
Im Rahmen des Werkvertrages hat die Sachübergabe Verfügungscharakter. Immer wenn der Eigentümer oder ein von ihm ermächtigter unmittelbarer Besitzer im Rahmen eines durch Besitzüberlassung auszuführenden Schuldverhältnisses den Besitz auf den jeweiligen Vertragspartner überträgt, wird dadurch die Vindikation gegen den neuen Besitzer herbeigeführt und damit unmittelbar auf den Bestand des dem Eigentümer zustehenden Rechts eingewirkt.
Unwille die Sache für die Haftung gelten zu lassen, ist unbeachtlich
Es ist unbeachtlich, ob der Eigentümer bei der Zustimmung zur Reparatur auch den Willen hatte, dass seine Sache für die Werklohnforderung haften soll. Die Reparatur kann nicht von der regelmäßigen gesetzlichen Rechtsfolge, dem Werkunternehmerpfandrecht, getrennt werden.
Schutz des Werkunternehmers
Den Interessen des Werkunternehmers wird nur ausreichend gerecht, wenn ihm die Möglichkeit eines Pfandrechtserwerbs an schuldnerfremden Gegenständen ermöglicht wird.
2. Ansicht - Theorie der Ablehnung des quasi-rechtsgeschäftlichen Erwerbs
Nach dieser Theorie erwirbt der Werkunternehmer auch dann kein Werkunternehmerpfandrecht an einer dem Besteller fremden Sache, wenn der Eigentümer in den Abschluss des Werkvertrages und der damit verbundenen Übergabe der zu reparierenden Sache an den Werkunternehmer eingewilligt hat. Der § 185 I BGB ist weder mittelbar noch unmittelbar auf eine derartige Einwilligung anwendbar.2
Argumente für diese Ansicht
Konsequenz Verpflichtungsermächtigung
Würde man das gesetzliche Pfandrecht des § 647 BGB an Besteller fremden Sachen, deren Eigentümer mit dem Abschluss des Werkvertrages und der Besitzüberlassung an den Werkunternehmer einverstanden war, dem Werkunternehmer zubilligen, so würde dies in der Konsequenz auf eine Verpflichtungsermächtigung hinauslaufen. Der Eigentümer würde für die Forderungen des Werkunternehmers mithaften. Damit wäre es dem Ermächtigten möglich, im eigenen Namen ein Verpflichtungsgeschäft abzuschließen, dessen Wirkungen dann nicht ihn, sondern den Ermächtigenden treffen. Ein solches Institut ist der Rechtsordnung fremd.
Keine unmittelbare Anwendung des § 185 I BGB
Eine unmittelbare Anwendung des § 185 I BGB kommt schon allein deshalb nicht in Betracht, weil die Besitzübergabe zur Reparatur keine zustimmungsfähige Verfügung über das Eigentum darstellt. Das Werkunternehmerpfandrecht ist ein gesetzliches Pfandrecht. Es handelt sich nicht um die Begründung eines vertraglichen Pfandrechts, bei welcher § 185 BGB anwendbar ist.
Auch keine analoge Anwendung von § 185 I BGB
Daneben ist eine analoge Anwendung von § 185 I BGB ebenfalls ausgeschlossen. Angenommen, man würde einen verfügungsähnlichen Tatbestand annehmen, ist hierin jedoch nur eine Besitzübertragung auf den Werkunternehmer und eben keine Übertragung in Bezug auf das Eigentum an der zur Reparatur übergebenen Sache zu sehen.
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