Entsteht ein Eigentümerpfandrecht bei bereits eingetragener Hypothek jedoch ungültiger Einigung?

Überblick

Fraglich ist, ob ein Eigentümerpfandrecht auch dann entsteht, wenn eine Hypothek eingetragen ist, aber keine gültige Einigung vorliegt.

Die Auffassungen und ihre Argumente

1. Ansicht - Nichtigkeitstheorie

Bei Vorliegen einer ungültigen Einigung und der Eintragung eines Fremdgrundpfandrechts entsteht weder eine Eigentümergrundschuld noch überhaupt ein Grundpfandrecht. 1

Argumente für diese Ansicht

Ohne gültige Einigung kein Eigentümerpfandrecht

In § 1163 BGB wird eine gültige Einigung vorausgesetzt, liegt diese nicht vor, kann auch keine Eigentümerhypothek entstehen. Dies geht aus der Betrachtung der Umstände hervor, die das Gesetz aufführt, um eine Entstehung oder den Fortbestand einer Fremdhypothek zu hindern. Diese Voraussetzungen sind auch auf die Eigentümerhypothek anzuwenden.

Keine Umdeutung des Antrags

Würde der Antrag des Eigentümers, ein Fremdgrundpfandrecht einzutragen, gem. § 140 BGB in einen Antrag auf eine Eigentümergrundschuld umgedeutet werden können, würde das die Norm zu sehr auszuweiten. Dann wäre es möglich, eine Willenserklärung so umzudeuten, dass sie auf die Begründung eines anderen Rechts und zusätzlich zugunsten einer anderen Person gerichtet ist. Dies würde der tatsächlichen Erklärung nicht annähernd gleichen und schwer als Umdeutung qualifiziert werden können.

Ausnahmecharakter der Normen

Aus §§ 1196, 1188 BGB geht hervor, dass die wirksame Bestellung eines Grundpfandrechts nicht nur eine einseitige Erklärung des Eigentümers, sondern auch eine Einigung voraussetzt. Damit ist eine analoge Anwendung aufgrund des Ausnahmecharakters der beiden Normen nicht möglich.

2. Ansicht - Differenzierende Theorie

Wird ein Fremdgrundpfandrecht eingetragen, ohne dass eine wirksame Einigung vorliegt, entsteht eine Eigentümergrundschuld dann, wenn die Einigungserklärung des Eigentümers eine gültige Willenserklärung bezüglich der Entstehung eines Grundpfandrechts enthält.2

Argumente für diese Ansicht

Jede Hypothek ist potenzielle Eigentümergrundschuld

Die auf die Entstehung der Eigentümergrundschuld gerichtete Erklärung des Eigentümers ist notwendigerweise in jeder Erklärung der Fremdhypothekbestellung enthalten. Wie aus §§ 1163 I, II BGB hervorgeht, ist jede Hypothek von Beginn an eine potenzielle Eigentümergrundschuld.

Grundsatz der Rechtssicherheit und Offenkundigkeit

Die sachenrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und Offenkundigkeit geben keinen Anlass dazu, eine äußerlich als Fremdgrundpfandrecht auftretende Eigentümergrundschuld für nicht zulässig zu erachten. Das Gesetz lässt auch an anderen Stellen verdeckte Eigentümergrundschulden entstehen, vgl. bspw. § 868 ZPO.

Fiktiver Gläubiger ist kein Argument

Das Argument, der Eigentümer könne nach dieser Auffassung eine verschleierte Eigentümergrundschuld durch Eintragung einer Hypothek auf den Namen eines fiktiven Gläubigers erlangen, ist wenig aussagekräftig. Denselben Erfolg könnte der Eigentümer auch dann erlangen, wenn er für sich selbst eine Eigentümergrundschuld eintragen ließe und diese sodann auf den Namen eines fiktiven Gläubigers umschreibt.

  • 1. Grüneberg/Herrler, 81. Auflage 2022, § 1163, Rn. 1; RGZ 106, 136 (139).
  • 2. Staudinger/Wolfsteiner, BGB, § 1163 Rn. 14 (2019); Medicus, JuS 1971, 497 (500); MüKoBGB/Lettmaier, 9. Auflage 2023, § 873, Rn. 47 ff.; OLG Bremen, DNotZ 1965, 566 (570).

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