Die kürzeste Einführung in Jura...ever

von Jörn · Lernbeiträge

Jura, Jus, Recht, Rechtswissenschaft, Juristerei oder gar Jurisprudenz. Alles böhmische Dörfer für dich? Dennoch interessiert dich Jura irgendwie und du willst es vielleicht sogar studieren? Dann lies die kürzeste Einführung ins Recht, die es wohl jemals gab...

Starten wir vermeintlich einfach: Was ist eigentlich Recht? Das Recht ist die Gesamtmenge an staatlich gesetzten Regeln, die man notfalls mit Zwang durchsetzen kann. Es gibt dutzende andere Definitionen und jede beleuchtet letztlich nur Teilaspekte. Das Recht ist also für alle schwer greifbar.

Es unterteilt sich in drei große Gebiete: Das Zivilrecht, das Öffentliche Recht und das Strafrecht. Eigentlich ist auch das Strafrecht ein Teil des Öffentlichen Rechts, aber das darf man den Strafrechtlern nicht erzählen...Während sich im Zivilrecht die Bürger gleichgeordnet gegenüberstehen, ist der Staat im Öffentlichen Recht dem Bürger übergeordnet und kann z. B. den Abriss eines Hauses anordnen, gegen den sich der Bürger wiederum wehren will. Im Strafrecht verfolgt der Staat den materiellen Strafanspruch und nutzt die Tatsache, dass sich die Gewalt bei ihm vereint (Gewaltmonopol). Damit verfolgt er bestimmte Strafzwecke, insbesondere Abschreckung und Prävention/Vorbeugung.

Fangen wir mit dem Strafrecht an, da sich darunter fast jeder etwas vorstellen kann: Man stelle sich also vor, jemand geht in ein Geschäft und steckt eine Markenuhr in die Tasche, um sie kostenlos für sich zu haben. Das Strafrecht muss nun zwei Fragen beantworten: Ist das strafbar? Wenn ja, wie wird es bestraft?

Strafbar ist das Ganze wohl, klingt doch stark nach Diebstahl, oder? Man steckt etwas ein, was einem nicht gehört. Das Recht, konkret Paragraph 242 StGB (Strafgesetzbuch), nennt das die "Wegnahme einer fremden beweglichen Sache". Aber reicht das aus? Nein. Der Täter muss sich auch zu seiner Tat bekennen, in dem Fall wissen und wollen, was er tut (Vorsatz) und die Uhr dem eigenen Vermögen dauerhaft einverleiben wollen (Zueignungsabsicht). Das ist hier der Fall. Hätte er die Uhr hingegen wieder zurückgelegt und das auch von Anfang an gewollt, wäre dies kein Diebstahl, sondern eine Gebrauchsanmaßung, die bei Uhren anders als bei z. B. Fahrrädern straflos ist.

Hier war es aber nun einmal Diebstahl. Wie bestraft man nun? Lebenslang (nicht: lebenslänglich) bekommt man zwar für Mord, aber nicht für einen Diebstahl, soviel ist klar. Dort kann man eine Geldstrafe bekommen oder eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren.

Wer Ersttäter ist, kommt oftmals, allerdings nicht immer, mit einer Geldstrafe davon. Hier werden sogenannte Tagessätze gebildet. Man bekommt z. B. 60 Stück davon, die jeweils 40 Euro kosten. Was heißt das? Das heißt, dass zwei komplette Monatsnettolöhne in Höhe von 1200 Euro (1200/30 = 40 Euro Tagesverdienst) weg sind. Minimum für einen Tagessatz sind 5 Euro, das Maximum schraubt sich in Höhen, die Frau oder Herr Otto(fine) Normal nicht erreicht.

Und die Freiheitsstrafe? Genau, das heißt häufig einwandern in den Knast. Außer, ja außer es gibt Bewährung. Dann darf man innerhalb eines bestimmten Zeitraums, z. B. binnen 3 Jahren nicht mehr straffällig werden, sonst geht es hinter schwedische Gardinen. Es ist gleichsam eine gelbe Karte, die man nur bekommt, wenn es nicht sofort rot geben muss. Meist braucht es eine günstige Sozialprognose.

Einen Mord begeht übrigens nicht, wer einen Menschen überlegt tötet und wer stattdessen im Affekt handelt, ist "nur" Totschläger. Entscheidend sind die Mordmerkmale wie etwa eine grausame Begehung. Liegen sie vor, wird aus dem Totschlag automatisch ein Mord.

Diese Merkmale werden oft kritisiert, da sie in der NS-Zeit eingeführt wurden und man manchmal nicht genau weiß, was darunterfällt und was nicht. Ganz besonders gilt das für die "sonstigen niederen Beweggründe". In der Sache sind die Mordmerkmale aber gut geeignet, um völlig unverständliche Taten rauszufiltern.

Das Zivilrecht findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch, kurz BGB, wieder. Dieses Werk aus dem Jahre 1900 gilt dank vieler "Updates" noch heute und wartet mit 5 Teilen (Büchern) und rund 2500 Paragraphen auf.

Das BGB wird geprägt von der Privatautonomie. Man darf an jemanden verkaufen oder man kann es lassen. Es gilt grundsätzlich Vertragsfreiheit. Aber man darf auch vererben, was und an wen man will, sowie die Person heiraten, die man möchte.

Das ist natürlich grob vereinfacht und auch nur die halbe Wahrheit. Denn es gibt Grenzen, z. B. die Sittenwidrigkeit. So darf man etwa niemanden zum Unkrautjäten einstellen, wenn dieser dafür nur 2 Cent/Stunde bekommt und man weiß, dass dieser nie mehr Geld verlangen würde (Lohnwucher, mitunter auch ein gesetzlicher Verstoß gegen das Mindestlohngesetz).

Neben dem Schuldrecht, wo es z. B. um den Kauf geht oder die Miete, gibt es das Sachenrecht. Hier geht es nicht um Beziehungen zwischen Personen, sondern um die Zuordnung von Sachen (körperliche Gegenstände, vgl. Paragraph 90 BGB) zu Menschen, die man in Jura manchmal auch "natürliche Personen" nennt, während eine GmbH übrigens eine juristische Person ist.

Zentral ist das Eigentum nach Paragraph 903 BGB. Anders als der Besitz ist das nicht bloß die Herrschaft über eine Sache in tatsächlicher Hinsicht, sondern die rechtliche Verfügung darüber. So darf man als Mieter die Wohnung abschließen (Besitz), sie aber nicht an andere veräußern. Das darf einzig der Eigentümer.

Eine Besonderheit im deutschen Recht ist, dass man etwa durch einen Kauf noch kein Eigentümer wird, sondern erst, wenn man sich einigt, dass das Eigentum übergehen soll und die Sache auch übergibt, Paragraph 929 BGB. Das nennt man Trennungsprinzip. Ist man beim Kauf schwer besoffen und später bei der Eigentumsübertragung wieder klar im Kopf, ist das Eigentum dennoch übergegangen, auch wenn der Kaufvertrag nichtig ist. Das nennt man Abstraktionsprinzip. Ungerechtigkeiten gleicht das Bereicherungsrecht aus, welches ein unberechtigtes Mehr abschöpft. Dagegen wird im Deliktsrecht ein Schaden, etwa beim Verkehrsunfall, ausgeglichen. Es geht also um ein Weniger.

Zuletzt gibt es da noch das Öffentliche Recht. Zentral ist das Grundgesetz, unsere Verfassung. Dieses hat im Wesentlichen zwei Säulen: Die Aufgaben des Staates und die Funktionen seiner Organe ordnen. Das macht das Staatsorganisationsrecht. Es regelt z. B., wie die Steuern zwischen Bund, Ländern und Kommunen verteilt werden.

Und der Grundrechtsteil als zweite Säule hat die Aufgabe, den Bürger vor Eingriffen des Staates in seine (subjektiven) Rechte zu schützen. Das stellen die Grundrechte sicher, etwa auf Menschenwürde, freie Meinungsäußerung oder Berufsfreiheit. Letztere bezieht sich sowohl auf die Wahl als auch die Ausübung des Berufs, hat also einen weiten Schutzbereich. An der Konzeption des Grundgesetzes zeigt sich das Ober-/Unterordnungsverhältnis im Öffentlichen Recht.

Das Verwaltungsrecht, der zweite große Strang des "Öffrechts", ist noch sehr viel näher am Alltag der Bürger dran und gliedert sich für das Studium relevant in das Kommunalrecht (Der Mensch als Bürger), das Polizei- oder Gefahrenabwehrrecht (Der Mensch als Störer) und das Baurecht (Der Mensch als Gestalter).

Zentral sind das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, wonach der Staat bei Eingriffen nur das erforderliche und angemessene tun darf, ferner die kommunale Selbstverwaltung ("Gemeindegrundrecht") und schließlich die Baufreiheit: Was nicht ausdrücklich genehmigt werden muss, darf gebaut werden.

Es gibt noch viele weitere Gebiete im Öffentlichen Recht, z. B. das Europa- und Völkerrecht. Das würde hier zu weit führen. Ich hoffe, du weißt nun etwas besser, worüber gesprochen wird, wenn von Recht die Rede ist.

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