Das Lernen lernen

von Dominik · Lernbeiträge

Richtiges lernen im Jurastudium erlernen

Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Hört man damit auf, treibt man zurück. (Laotse)

I. Noch ein Artikel über das Lernen?!

„Was, du studierst Jura?? – Dann musst du bestimmt sehr viel lernen!?“ Diesen oder ähnliche – mitunter nervende – Sätze kennt wohl jeder Jurastudent zu Hauf. Aber ganz falsch liegen sie ja nicht, die Freunde, die Verwandten oder wer auch immer sie zu euch sagt. Lernen ist der Schlüssel zum erfolgreichen Jurastudium, denn Jura ist nun mal auch ein Fleißfach. Die Literatur zum richtigen Lernen ist schier unerschöpflich und es scheint eine Kunst für sich zu sein. Wir als Autoren dieses Artikels sind der Ansicht, dass es nötig ist, eine Schneise durch das Dickicht aus Lerntipps und Merkstrategien zu schlagen, damit ihr euch während eures Studiums nicht so leicht verirren könnt. Wir veröffentlichen ab dieser nun jede Woche einen von insgesamt acht Lernartikeln, die insbesondere dem Studienanfänger Hilfe und Orientierung bieten sollen, aber auch für den fortgeschrittenen Studenten geeignet sind.

Damit wir uns verstehen: Wir sind weder Lernforscher noch Experten der kognitiven Psychologie. Erwartet also keinen Artikel von uns, der die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem Thema preisgibt. Wir werden das Rad auch für euch nicht neu erfinden können. Was wir aber können, ist euch einen umfassenden Überblick zum Thema Lernen zu bieten. Von uns werdet ihr unter anderem erfahren:

  • welches die wichtigsten 6 Lerngrundsätze sind
  • welche 10 Klausurfehler ihr unbedingt vermeiden müsst
  • welche Lernmittel es gibt und wo deren Vor- und Nachteile liegen
  • wir ihr eine Lern-AG gewinnbringend ins Studium integriert
  • wie ihr euch für das Lernen auch in schweren Phasen motivieren könnt
  • ob der Satz „Weniger ist manchmal mehr“ auch für das Lernen gilt
  • wie ihr euch lernfördernd ernährt und
  • warum es keine gute Idee ist, ohne entsprechendes Krankheitsbild Ritalin oder andere Aufputschmittel zu nehmen.

Folgenden Mehrwert möchten wir euch bieten: Nicht lang suchen zu müssen, wenn es um den ersten Zugang zum richtigen Lernen geht. Wobei wir euch das, was „richtig“ ist, nicht diktieren werden. Welche Lernmethode ihr letztendlich anwendet und ob ihr einen Lerntipp für sehr hilfreich oder für reichlich bekloppt haltet, bleibt euch überlassen. Wichtig ist, dass ihr die für euch passende Lernmethode findet und diese möglichst gewinnbringend in euren Lernalltag integriert. Unsere Aufgabe wird es dabei sein, euch zu informieren. Vorteil dieses Artikels ist, dass er einen Informationsgehalt aufweist, den Aufsätze in den Ausbildungszeitschriften nicht erreichen können, weil sie bewusst knapp gehalten sind. Dies trifft zwar auch auf unsere Artikel zu, allerdings decken sie in ihrer Summe alle relevanten Themen umfassend ab. Trotzdem werden wir euch auch nicht erschlagen, wie es bei einem 300-Seiten-Lehrbuch über das Lernen leicht geschehen kann.

Wir studieren Jura an der Universität Osnabrück im 8. Fachsemester und befinden uns mitten in unserer Examensvorbereitung. Alle Lerntipps, die wir geben, sind von uns erprobt worden. Einige haben sich als effektiv erwiesen; andere erschienen für unser Lernen unpassend, sodass es nötig war, den eingeschlagenen Lernweg zu korrigieren. Lernen bleibt nun mal ein Prozess: Wer aufhört zu rudern, treibt zurück. Wir wenden teilweise unterschiedliche, teilweise gleiche Lernmethoden an. Dank dieses Umstandes werden wir euch sowohl einen Perspektivenwechsel als auch einen Artikel „wie aus einem Guss“ präsentieren können.

II. Lernst du noch oder lebst du schon?

„Toll“, denkt ihr. „Dann lerne ich vielleicht effektiv und für mich richtig. Aber was bitte bringt mir dieses ewige Pauken überhaupt?“ Nun ja, darauf eine Antwort zu geben, ist gar nicht so leicht. Denn wie man das eigene Lernen gestaltet, bleibt immer auch eine Frage der persönlichen Haltung. Zu lernen ist gleichzeitig eine Entscheidung zu Lasten einer anderen Aktivität. Wenn ich am Tag drei Stunden lerne, reduziert sich logischerweise meine Freizeit und ich kann vielleicht nicht mehr zum Fußballtraining oder keine DVD mehr in den Player schieben. Zu irgendwas muss das juristische Lernen damit nützlich sein, soll es nicht schlicht verschwendete Zeit sein. Was also bringt es mir?

Vorteil 1: Lernen schafft Erfolgserlebnisse

Lernen ist auch deshalb so schwierig, weil die erzielten Erfolge nicht sofort sichtbar werden. So schleicht sich schnell der Trugschluss ein, die ganze Paukerei sei sinnlos. Wir können keine empirischen Daten liefern, aber aus unserer Erfahrung sprechen: Lernen bringt etwas! Na-türlich mag es „Naturtalente“ geben, die alles aus dem Ärmel schütteln. Aber auch diese haben irgendwann einmal aufgeschnappt, was ein Erlaubnistatbestandsirrtum ist, ehe sie es in der Klausur richtig niederschreiben konnten. Auch sie haben also gelernt, nur vielleicht etwas schneller als andere. Man kommt also um das Lernen – so oder so – nicht herum. Wenn es also „notwendiges Übel“ ist, muss man bemüht sein, es so effektiv und angenehm wie möglich zu gestalten. Hat man für eine Klausur gewissenhaft gelernt und sahnt dann eine solide bis gute Note ab, schafft das das gute Gefühl auf dem richtigen Weg zu sein. Ziel des Lernens kann nicht sein, eine Art „Ritterrüstung“ zu bekommen, mit der man zwar vor jeglichen Angriffen gefeit, aber so starr und unbeweglich ist, dass man keine kreative Lösung für den unbekannten Fall findet. Erwerben muss man sich vielmehr eine Art „schusssichere Weste“ mit genügend Bewegungs- und Denkfreiheit, die einem aber – wenn es hart auf hart kommt – das (juristische) Leben rettet.

Vorteil 2: Lernen macht selbstständig

Warum studiert man eigentlich? In erster Linie doch, um danach selbstständig denken und möglichst auch unabhängig handeln zu können. Die Universität ist eben keine Schule mehr, wo einem gesagt wird, was zu lernen und was zu vergessen ist, sondern ein Ort der Selbstor-ganisation. Nicht umsonst kommt der Begriff „Studium“ vom gleichlautenden lateinischen Wort, welches übersetzt „Fleiß“ bedeutet. Nur wer über etwas Bescheid weiß, kann überprüfen, ob das was man da liest oder hört, inhaltsarmes Geschwafel oder erkenntnisreiche Gedanken sind. Um aber Wissen zu haben, muss man lernen (siehe oben). Denkt dabei an zwei Dinge: Erstens lernt ihr vorrangig für euch selbst und euer Leben und nicht für Uni oder die Gesellschaft. Zweitens ist es wichtig, dass ihr während eures Lernens ständig den eigenen Lernerfolg, z.B. durch Klausuren oder eine Lern-AG überprüft. Dabei müsst ihr ehrlich zu euch selbst sein: Habt ihr am Ende des Tages wirklich etwas verstanden oder müsst ihr das morgen noch einmal wiederholen bzw. vertiefen? Heißt konkret: Habt ihr drei Stunden in ein Lehrbuch geschaut und auch wirklich einen Fortschritt erzielt oder habt ihr die Seiten nur bunt angemalt, aber keine weiteren Erkenntnisse gewonnen?

Vorteil 3: Lernen schafft Selbstdisziplin.

Nein, wir haben an dieser Stelle nicht Ursache und Wirkung verwechselt. Dem Satz: „Wer Selbstdisziplin hat, lernt viel“ stellen wir gegenüber: „Wer lernt, bekommt Selbstdisziplin“. Beim Lernen ist es eben nicht möglich sich auf den eigenen Fähigkeiten auszuruhen, denn diese wollen ja gerade erlernt werden. Ein unbekanntes Problem lösen – wie es einen so oft im Jurastudium erwartet – kann also nur, wer bereit ist auch mal gegen Widerstände, seien es Denkblockaden oder Motivationslöcher, anzukämpfen. Klar, es ist tierisch ärgerlich, wenn man zu Hause oder in der Bibliothek vor seinen Lehrbüchern hockt, während die Freunde in die nächste Eisdiele huschen. Der Entschluss weiter zu lernen kann dann aber vielleicht ein paar Stunden später mit einem dicken Eisbecher belohnt werden.

Vorteil 4: Lernen fördert strukturiertes und klares Denken

Jura gilt als schweres Studium. Kaum kommt man nach der Einführungswoche von der letzten Kneipe heim, kommt das böse Erwachen. Dieses ist nicht immer nur dem erworbenen Kater zuzuschreiben, sondern vor allem der unübersichtlichen Stofffülle, die einem im Jurastudium erwartet. Diesbezüglich unterscheidet sich das Studium der Rechtswissenschaften von nahezu allen anderen Studiengängen: Das Wissen kann nicht Modul für Modul abgeprüft und dann wieder vergessen oder zumindest verdrängt werden, sondern muss am Ende des Studiums in der Gänze präsent sein. Im Staatsexamen kann von A wie aberratio ictus bis Z wie Zueignungsabsicht alles abgeprüft werden. Um sich nicht zu verrennen, ist es wichtig zu wissen, wo man am Ende des Jurastudiums stehen muss und wo nicht. Anders gewendet: Es ist genauso wichtig im Hinterkopf zu behalten, was man wissen muss, wie auch das, was man nicht wissen muss. „Ja cool“, denkt ihr euch vielleicht. „Dann kann ich ja getrost auf Lücke lernen!“ Aber das ist nicht gemeint und wäre nach unserer Erfahrung auch gefährlich. Zu wissen, wo man stehen muss, heißt: Man muss nicht die 10. Abweichlermeinung zur reformatio in peius kennen, wohl aber wissen, was darunter zu verstehen ist. Abstrakter: Juristische Klausuren scheitern in der Regel nicht am fehlenden Detailwissen, sondern vielmehr an der Unsicherheit in den Grundlagen. Deshalb muss man sich Denkstrukturen und eine gute Rechtsmethode aneignen, um sich auf unbekanntem Terrain zurechtzufinden. Dann ist es in der Tat nicht mehr entscheidend „alles zu wissen“. Wichtig ist, dass man sich mit Hilfe eines „methodischen Werkzeugkoffers“ das in der Klausur oder Prüfung Geforderte herleiten kann. Ebendieses Werkzeug erwirbt man aber nur durch konsequentes und strukturiertes Lernen.

Empfehlung:
Wenn Dir der Beitrag gefallen hat, möchten wir Dir auch die beiden E-Books des gleichen Autorenteams zum Thema "Lernen lernen" sowie "erfolgreich Klausuren schreiben" sehr empfehlen:
Zu den E-Books

Im nächsten Artikel erfahrt ihr unter anderem, warum Mensabesuche und Gespräche in der Cafeteria nicht zur Lernzeit zählen.
Der Artikel wurde von Jörn Linderkamp (Dipl. iur., Osnabrück) und Dominik Kreke (Dipl. iur., Osnabrück) konzipiert und verfasst.

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Kommentare

Gast
Di, 11/06/2013 - 17:33

Sehr hilfreich, eure Tipps - vielen Dank! Bin durch Zufall hier gelandet und muss sagen, dass sich das alles sehr fundiert anhört. Ich stehe nun kurz vor dem Examen und versuche es ohne Rep ganz auf eigene Faust. Dazu gehört viel Selbstdisziplin und Motivation und ich habe schon so einige Bücher über Selbstmanagement gelesen. Ist ja nicht so, dass es da nichts gibt. Aber die meisten Autoren wollen glaube ich nur Geld verdienen.
Eine Ausnahme: Bestnote von Martin Krengel. Das ist so richtig nett geschrieben und beinhaltet glaube ich so ziemlich alles, was ihr hier vorschlagt. Natürlich sind das mehr allgemeine Tipps und nicht nur (aber auch) für Jurastudenten, aber auch außerhalb des Studiums muss man sich ja organisieren. Und dafür ist das auf jeden Fall Gold wert!
Ich bin schon gespannt auf eure nächsten Tipps!
LG Markus

admin
Di, 11/06/2013 - 18:32

Hallo Markus,
ich bin zwar nicht der Verfasser der Lernblogs, aber auch vom iurastudent.de - Team insgesamt ein Danke für deinen Kommentar!

Den nächsten Artikel aus der Reihe findest Du übrigens hier:
http://www.iurastudent.de/blogeintrag/schaut-mal-nach-links-und-rechts-%E2%80%93-die-rahmenbedingungen-des-lernens

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