Ist mit der „Aussage“ iSd. § 153 StGB nur die mündliche Aussage gemeint?
Überblick
Umstritten ist, ob mit „Aussagen“ im Sinne des § 153 StGB nur die mündliche Aussage vor der Vernehmungsperson gemeint ist oder ob auch eine schriftliche Aussage unter Umständen ausreichen kann, um den Tatbestand zu erfüllen.
Die Ansichten und ihre Argumente
1. Ansicht - „Aussage“ im Sinne des § 153 StGB meint allein die mündliche Aussage, während schriftliche Erklärungen nicht ausreichen.1
Argumente für diese Ansicht
Bereits die Wortlautauslegung ergibt, dass nur mündliche Aussagen erfasst sein sollen.
Das Prozessrecht kennt zwar Fälle der bloß schriftlichen Gutachtenerstattung (z.B. § 411 ZPO), allerdings verwendet § 153 StGB den, gegenüber dem Begriff „Gutachtenerstattung“, engeren Begriff „Aussage“ und verlangt, dass diese vor Gericht (usw.) aktiv erfolgt.2
Gedanke des Gesetzgebers
Der Gesetzgeber hatte persönliche Vernehmungen im Sinne, als er die Falschaussage unter Strafe stellte. Nur bei dieser können Rückfragen und Vorhalte Missverständnisse ausräumen. Die Anwesenheit des Aussagenden ist dabei natürliche Voraussetzung.3
2. Ansicht - Unter Umständen kann „Aussage“ iSd. § 153 StGB auch eine schriftliche Erklärung meinen.4
Argumente für diese Ansicht
Die Erklärung kann im jeweiligen Prozess eine vollwertige Aussage darstellen.
Nur soweit die jeweilige Verfahrensordnung lediglich mündliche Aussagen kennt, ist eine schriftliche Erklärung keine Aussage iSd. § 153 StGB. Im Strafprozess gilt dies (abgesehen von § 186 GVG) uneingeschränkt.
Anders ist es allerdings im Zivilprozess, soweit es dort unter Verzicht auf die Unmittelbarkeit auch vereinfachte Formen des Zeugen- und Sachverständigenbeweises gibt. Kann z.B. nach § 411 ZPO ein dem mündlichen Gutachten gleichwertiges schriftliches Gutachten erstattet werden, das zugleich Grundlage eines Eides sein kann, so handelt es sich dabei ebenfalls um eine Aussage iSd. § 153 StGB.
5
- 1. LK/Wolters/Ruß, StGB, 13. Auflage 2022, § 153 Rn. 4a.
- 2. AK/Mückenberger, StGB, 3. Auflage 2020, § 153 Rn. 15.
- 3. LK/Wolters/Ruß, StGB, 13. Auflage 2022, § 153 Rn. 4a.
- 4. Schönke/Schröder/Bosch/Schittenhelm, StGB, 30. Auflage 2019, vor §§ 153ff. Rn. 22.
- 5. Schönke/Schröder/Bosch/Schittenhelm, StGB, 30. Auflage 2019, vor §§ 153ff. Rn. 22.
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