Erfasst der Tatbestand des § 146 I Nr. 3 StGB auch die Weitergabe an eingeweihte Abnehmer?

Überblick

Unter den Voraussetzungen, dass der Täter bereits einen der Tatbestände des § 146 I Nr. 1 und 2 StGB erfüllt hat, macht er sich nach § 146 I Nr. 3 StGB strafbar, wenn er das falsche Geld als echt in den Verkehr bringt. Damit ist jeder Vorgang gemeint, durch den der Täter das Falschgeld in einer Weise aus seinem Gewahrsam entlässt, dass ein anderer tatsächlich in die Lage versetzt wird, sich des Falschgeldes zu bemächtigen und mit ihm nach seinem Belieben zu verfahren, insbesondere es weiterzugeben.1
Umstritten ist in diesem Kontext, ob das in den Verkehr bringen ausschließlich die Weitergabe an einen gutgläubigen oder auch die Weitergabe an einen eingeweihten Abnehmer mit der Absicht erfasst, diesem die Vortäuschung der Echtheit im Zahlungsverkehr zu überlassen.

Die Ansichten und ihre Argumente

1. Ansicht - § 146 I Nr. 3 StGB ist auch dann anzuwenden, wenn die Weitergabe des Falschgeldes an einen eingeweihten Abnehmer erfolgt.2

Argumente für diese Ansicht

Entstehungsgeschichte

Dagegen die Weitergabe an eingeweihte Abnehmer aus dem Tatbestand des § 146 I Nr. 3 StGB auszuklammern, spricht bereits die Entstehungsgeschichte. Nach einem Entwurf des neuen EGStGB fiel die Weitergabe an Eingeweihte bereits unter Nr. 2, da dort das Überlassen von Falschgeld dem Sichverschaffen gleichgestellt war. Das Merkmal „Überlassen“ wurde bei den weiteren Gesetzesberatungen mit der Begründung gestrichen, dass derjenige, der einem Eingeweihten Falschgeld überlasse, damit dieser es wieder als echt in Umlauf setze, nicht anders zu behandeln sei, als wenn er es selbst als echt abschiebe. Der Gesetzgeber hat es lediglich versäumt, Nr. 3 und § 147 StGB dem Wortlaut der Nr. 1 und Nr. 2 anzugleichen.3

Eine den Bestimmungen der Nr. 1 und Nr. 2 angeglichene Auslegung der Nr. 3 ist kriminalpolitisch sinnvoll.4

Wortlaut.

Auch der Wortlaut des § 146 I Nr. 3 StGB deckt das Einschleusen des Falschgeldes über einen eingeweihten Dritten.5


Argumente gegen diese Ansicht

nulla poena sine lege

Gegen das Argument der Entstehungsgeschichte der §§ 146, 147 StGB spricht bereits der Grundsatz nulla poena sine lege, der verlangt, dass die Strafbarkeit gerade aus dem Wortlaut und nicht nur aus einem anderweitig erkennbaren Willen des Gesetzgebers oder aus Zweckerwägungen zu erkennen sein muss.6

2. Ansicht - Erfolgt die Weitergabe des Falschgeldes an einen eingeweihten Abnehmer, ist § 146 I Nr. 3 StGB nicht anzuwenden. 7

Argumente für diese Ansicht

Der Eingeweihte erhält das Geld als unecht

Die eigentliche Tathandlung des § 146 I Nr. 3 StGB ist das Inverkehrbringen des Falschgeldes als echt. Dies tut aber nur derjenige, der dem Empfänger die Echtheit des Falschgeldes vortäuscht. Das ergibt sich bereits aus dem Sinn des Ausdrucks „als echt“. Der Eingeweihte erhält das Geld jedoch als unecht. Mithin wurde das Geld durch den Täter nicht als echt in den Verkehr gebracht. 8

Verstoß gegen Art. 103 II GG

Würde man die Weitergabe an einen eingeweihten Abnehmer unter den Tatbestand des § 146 I Nr. 3 StGB subsumieren, würde dies einen eklatanten Verstoß gegen Art. 103 II GG bedeuten. Denn aufgrund der unmissverständlichen Formulierung des Gesetzes „als echt“, wird der Norm bei Einbeziehung der notwendigerweise „als unecht“ erfolgenden Weitergabe an einen Eingeweihten ein Inhalt beigelegt, der gerade das Gegenteil dessen bedeutet, was der Wortlaut zum Ausdruck bringt. 9

Innere Systematik des § 146 StGB

Dass die Einbeziehung der Weitergabe an eingeweihte Dritte in den Tatbestand des § 146 StGB nicht möglich ist, ergibt sich auch aus der inneren Systematik der Norm. Wenn die nach Nr. 1 und 2 erforderliche Absicht wahlweise das Inverkehrbringen als echt oder dessen Ermöglichung zum Gegenstand hat, dann kann letztere keinen Unterfall von ersterem darstellen.10

  • 1. BGHSt 35, 21 (23).
  • 2. BGHSt 42, 162 (168); BGHSt 29, 311; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Auflage 2019, § 146 Rn. 22.
  • 3. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Auflage 2019, § 146 Rn. 22.
  • 4. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Auflage 2019, § 146 Rn. 22.
  • 5. Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Auflage 2019, § 146 Rn. 22.
  • 6. Fischer, StGB, 69. Auflage 2022, § 146 Rn. 20.
  • 7. LK-StGB/Kudlich/Ruß, 13. Auflage 2022, § 146 Rn. 24.
  • 8. Fischer, StGB, 69. Auflage 2022, § 146 Rn. 20.
  • 9. Fischer, StGB, 69. Auflage 2022, § 146 Rn. 20.
  • 10. LK-StGB/Kudlich/Ruß, 13. Auflage 2022, § 146 Rn. 24.

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