Anfechtungsgrund gem. § 119 Abs. 1 BGB - Inhaltsirrtum und Erklärungsirrtum

Autorin: Kim Alexandra Reichenbach (Referendarin)

§ 119 Abs. 1 BGB kennt den Inhaltsirrtum (Alt. 1) und den Erklärungsirrtum (Alt. 2).

Beim Inhaltsirrtum erklärt der Erklärende zwar, was er erklären will, irrt sich aber über die rechtliche Bedeutung seiner Erklärung.

Beispiel:
Schulsekretärin S bestellt für das Lehrerzimmer ein Gros Klopapierrollen in der Annahme, dabei handele es sich um 12 Stück. In Wahrheit bedeutet ein Gros im kaufmännischen Verkehr 144 Stück.

Beim Erklärungsirrtum erklärt der Erklärende nicht, was er eigentlich erklären will, sondern verspricht, verschreibt oder vergreift sich (hier liegt der Irrtum in der Erklärungshandlung).

Beispiel:
S will zum 50. Geburtstag seiner Frau beim örtlichen Blumenladen per Mail 50 Rosen bestellen. Er vertippt sich aber und bestellt 500 Rosen.

Achtung: Die Auslegung gem. §§ 113, 157 BGB geht der Anfechtung vor, d.h. ist eine Willenserklärung objektiv so auszulegen, dass nur der tatsächliche Wille erklärt worden sein kann, bedarf es keiner Anfechtung.

Beispiel:
S hat zuvor im örtlichen Blumenladen gegenüber Blumenhändler J erklärt, er würde bald eine Bestellung von 50 Rosen für den Geburtstag seiner Frau aufgeben. Hier weiß J, dass S mit 500 Rosen überhaupt nichts anfangen kann. Es gilt die Bestellung von 50 Rosen.

Beachte außerdem, dass der Erklärende sich an dem tatsächlich Gewollten auch festhalten lassen muss, d.h. S kann die Lieferung der 50 Rosen dann nicht ablehnen, auch wenn er zwischenzeitlich im Blumenladen des Nachbardorfes ein günstigeres Angebot dafür erhalten hat. Der Anfechtende soll durch die Anfechtung nur so gestellt werden, wie er stünde, wäre ihm kein Inhalts- oder Erklärungsirrtum unterlaufen.